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Einordnung

Ausgabe: 03 / 23 Lesedauer: min

C-Commerce: Wie der Onlinehandel von dem Trend profitiert

Mit Conversational Commerce (C-Commerce) lassen sich nicht nur die Customer Journey und die Conversion Rate verbessern. Commerce-Unternehmen versprechen sich davon auch einen unverwechselbaren USP gegenüber dem Wettbewerb.

Conversational Commerce soll das ersetzen, was dem Onlinehandel gegenüber dem stationären Handel fehlt: die auf den einzelnen Kunden zugeschnittene persönliche Kaufberatung durch kompetentes Verkaufspersonal. "Durch den Hype um ChatGPT wird vielen Unternehmen klar, dass es neben der klassischen Selbstbedienung im Onlineshop auch eine wachsende Nachfrage nach Gesprächen, also Conversation im Internet gibt. Dieser hochgradig personalisierte und automatisierte Kundenkontakt hilft, mehr zu verkaufen und dabei die Kosten für Kundenservice und Marketing zu reduzieren", ist sich Matthias Mehner sicher. Er ist Vice President Global Marketing bei Sinch Engage, zu dem auch das Unternehmen Messengerpeople gehört.

Mit Conversational Commerce lässt sich nicht nur die Customer Journey und die Conversion Rate verbessern. Commerce-Unternehmen versprechen sich davon auch einen unverwechselbaren USP gegenüber dem Wettbewerb. "Conversational Commerce werden Kunden zukünftig voraussetzen. Das ist kein Hype, das wird bleiben", ist Stefanie Kunze, Marketing Managerin DACH der Shopping-Plattform Wish, überzeugt.

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Was ist Conversational Commerce?

Conversational bedeutet dialogbasiert, Conversational Commerce ist also dialogbasierter Handel. Bisher können Kunden zwar bequem online bestellen, sie müssen sich die nötigen Produktinformationen aber meist selbst zusammensuchen, Beratung findet kaum statt. Conversational Commerce kann diese Lücke mit Hilfestellung in Echtzeit schließen. Das kann ein persönliches Verkaufsgespräch via WhatsApp sein oder eine Chat-basierte Kaufunterstützung - am besten rund um die Uhr. Da dies aber personell nicht zu stemmen ist, rücken automatisierte Systeme wie auf künstliche Intelligenz basierende Chatbots stark in den Fokus.

Noch steht der Erstkontakt zum Kunden im Mittelpunkt, der direkte Kaufabschluss ist noch nicht so weit verbreitet.

Der Markt

Das US-Analyseunternehmen Reports and Data hat das Marktvolumen für Chatbots 2021 auf rund 3,5 Milliarden US-Dollar geschätzt. Für die kommenden Jahre gehen die Analysten von einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von gut 25 Prozent aus, sodass sie für 2030 einen weltweiten Gesamtumsatz von knapp 23 Milliarden US-Dollar prognostizieren. Noch rasanter soll sich der Markt für dialogbasierte Künstliche Intelligenz entwickeln: von einem weltweiten Umsatz von rund 8,3 Milliarden US-Dollar in diesem Jahr auf gut 100 Milliarden US-Dollar 2030, so eine Prognose des US-Marktforschers Research & Markets.

Im Gegenzug können beispielsweise Chatbots massiv Kosten senken: Laut Juniper Research kann der Einzelhandel in diesem Jahr weltweit bereits 439 Millionen US-Dollar durch die Technologie einsparen.

Auf welchen Kanälen findet Conversational Commerce statt?

In Frage kommen alle Kanäle, die einen wechselseitigen Dialog, am besten in Echtzeit, ermöglichen. Das sind derzeit: Sprachassistenten, Chats und Messenger. Sprachassistenten wie Apples Siri oder Amazons Alexa wurden vor einigen Jahren großes Potenzial in diese Richtung zugesprochen. Momentan zumindest haben sich diese Erwartungen nicht erfüllt, ihre Bedeutung für Conversational Commerce ist momentan eher gering.

Chatbots:

Deutlich besser ist es da um Chats und Messenger-basierte Services bestellt. Bei Chats liegt das Hauptaugenmerk auf Chatbots, die häufig eine Kombination aus automatisierter und menschlicher Kommunikation ermöglichen. Die Akzeptanz von Chats und Chatbots ist beachtlich und wächst stetig: 63 Prozent der Befragten einer Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) haben 2021 angegeben, bereits mit Chatbots interagiert zu haben. 2018 waren es erst 40 Prozent. Und fast die Hälfte, die bisher keinen Chatbot genutzt hat, kann sich vorstellen, dies absehbar zu tun.

Pia Furchheim, Dozentin ZHAW
"Chatbots stellen ein großes Potenzial dar - allerdings nur, wenn sie in bestehende Systeme integriert werden."

Rund 40 Prozent bewerten ihre bisherigen Erfahrungen positiv, weitere 40 Prozent als neutral. "Kunden nutzen Bots immer dann, wenn sie ihnen eine schnelle und einfache Lösung für Probleme liefern. Dies kann eine Unterstützung bei der Informationssuche sein, etwa bei komplexeren Produkten. Aber auch die zeitunabhängige Klärung von Anliegen, wie Fragen zur Bestellung oder Retouren können so schneller gelöst werden," erklärt Pia Furchheim, Studienautorin und Dozentin an der ZHAW. Wenn Nutzer unzufrieden sind, liegt es in der Regel an einer schlechten Antwortqualität und an Verständnisproblemen.

Viele Kunden schätzen die Antwortgeschwindigkeit - allerdings nur, wenn auch die Antwortqualität stimmt.

Das ist denn auch noch eines der Hauptprobleme beim Einsatz von Chatbots: Der Intelligenzgrad der Mehrheit der Bots liegt derzeit eher noch im Mittelfeld, jeder vierte ist noch sehr einfach und regelbasiert aufgebaut. Das hat die EOS "Chatbot-Studie 2021" ergeben. Dementsprechend werden Chatbots heute vor allem im Erstkontakt zum Kunden und für einfachere Kundenserviceanfragen eingesetzt.

Dennoch leisten sie heute schon einen wichtigen Beitrag: Mehr als die Hälfte der Anliegen in der Kundenkommunikation erledigen die Bots komplett selbstständig. Und: Die technologische Entwicklung, insbesondere der dahinter liegenden Machine Learning- und Künstliche Intelligenz-Verfahren, geht rasant weiter - wie allein die zum Teil beeindruckenden Ergebnisse von ChatGPT beweisen.

Entsprechend will fast die Hälfte der Unternehmen, die Chatbots einsetzen, diese quantitativ und qualitativ verbessern. Denn sie versprechen sich vom Chatbot-Einsatz mehr Zufriedenheit bei ihren Mitarbeitenden und Kunden sowie geringere Kosten, mehr Verkäufe und Leads.

Zufriedenere Mitarbeiter und Kunden und Kosteneinsparung sehen die meisten Unternehmen als Vorteile an.

Messaging-Dienste:

Chatbots - egal ob als Text, Voice- oder Video-Chat -sind universell einsetzbar, also sowohl auf der Website, in der App, in Social-Media-Netzwerken oder in Messaging-Diensten. In Messaging-Diensten kommt ihnen eine besondere Bedeutung zu, weil sie auf einem Kanal, der originär dem persönlichen Austausch dient, eine persönliche Kommunikation simulieren.

Zudem haben Messaging-Dienste wie der Facebook-Messenger, Signal und allen voran WhatsApp eine sehr große Reichweite und Akzeptanz unter den Nutzern. Und sie sind via Smartphone sozusagen immer griffbereit. Daneben können Messaging-Dienste auch ohne Chatbot-Technologie für dialogbasierte, individuelle Kaufbegleitung genutzt werden.

WhatsApp hat die mit großem Abstand höchste Reichweite bei den Messenger-Nutzung in Deutschland.

Fazit

Egal- auf welchem Weg: Conversational Commerce wird bleiben. "In 5 Jahren wird jeder Onlineshop auch eine Conversational Commerce Möglichkeit bieten. Dazu werden wir eine Vielzahl Spezialisten sehen, die nur noch über Conversational Commerce verkaufen, " ist Matthias Mehner überzeugt.

In 10 Jahren werden wir täglich mit intelligenten Chatbots kommunizieren, so die Erwartungen.

Wichtige Messenger im Steckbrief

MessengerBeschreibung
WhatsAppGegründet 2009, gehört der Platzhirsch unter den Messengern seit 2014 zum Meta-Konzern. Weltweit nutzen mehr als 1,5 Milliarden Menschen den Dienst. Seit 2018 kann WhatsApp offiziell von Unternehmen genutzt werden. Für kleine Unternehmen steht WhatsApp Business App zur Verfügung, für größere Unternehmen und Werbung gibt die WhatsApp Business API. Darüber lässt sich unter anderem Kundenservice abwickeln.
Facebook MessengerGestartet 2011, seit 2016 gibt es eine API für Entwickler. Über rund 300.000 Chatbots interagieren Unternehmen darüber mit Nutzern. Sie versenden dabei etwa acht Milliarden Nachrichten pro Monat. Der Fokus liegt auf den Bereichen Kundenservice und Support. Möglich sind auch Messenger Ads.
Instagram DirectSeit Ende 2013 verfügt Instagram über einen Messaging-Service. Nach eigenen Angaben nutzen rund 150 Millionen Menschen weltweit den Service, um mindestens einmal im Monat mit einem Unternehmen in Kontakt zu treten. "Instagram Direct" kann via API an ein Customer-Relationship-Management-System angeschlossen werden und so auch für den Kundensupport genutzt werden. Möglich sind neben Sprachnachrichten auch Videocalls und Newsletter an einzelne und an Gruppen.
TelegramGestartet 2013, positioniert sich als sichere Alternative zu Whatsapp. Im Juni 2022 hatte der Dienst nach eigenen Angaben 700 Millionen aktive Nutzer weltweit. Zur Verfügung stehen neben einem eigenen Profil mit "Telegram Kanal" ein reiner Push-Kanal für Abonnenten, mit "Telegram Gruppe" eine Community oder Chat-Gruppe mit bis zu 200.000 Mitgliedern und via API zugängliche "Telegram Bots". Sie können auch für E-Commerce genutzt werden.
RCS Business MessagingRCS Business Messaging ist in der Nachrichten-App auf Android-basierten Smartphones vorinstalliert. Entwickelt wurde der Service seit 2008, 2015 hat Google ihn übernommen und treibt seither den Ausbau voran. Über den Service lassen sich Texte, Bilder und Videos an einzelne und Gruppen verbreiten, er lässt sich daher auch als Chatbot-Kanal für den Kundenservice oder als Vertriebskanal nutzen. Im Januar 2023 gab es in Deutschland rund 31 Millionen für RCS Business Messaging Server angemeldete Geräte. Das Pendant von Apple heißt "iMessage", er ist über alle iPhones nutzbar.
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Christiane Fröhlich

Als freie Autorin beobachtet Christiane Fröhlich, welche Trends, Hypes und Flops die Commerce-Branche alljährlich produziert. Außerdem entstehen an ihrem Schreibtisch Artikel zu den technischen Aspekten von Web-Präsenzen: Shopsoftware und IT-Architektur, alle nötigen Lösungen rund um den Webshop, Usability oder Logistik sind die Themen. Dem E-Commerce und der Internetwirtschaft ist die Diplom-Journalistin seit 1997 verfallen; seither schreibt sie darüber, wie sich im Internet (mehr) Geld verdienen lässt.
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