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Analyse

Ausgabe: 03 / 23 Lesedauer: min

Analyse

Wie komme ich als Händler zu einer professionellen Chat-Lösung?

Kundenberatung per WhatsApp, Chatbot-Unterstützung im Customer Service - Conversational Commerce-Features bieten Händlern attraktive Möglichkeiten. Doch wie finden und implementieren Shopbetreiber die für sie passende Lösung? Wir zeigen Beispiele aus der E-Commerce-Praxis.

Wie viele Händler sah sich auch Rose Bikes mit Beginn der Corona-Lockdowns mit der Frage konfrontiert, wie sich der Kontakt zu den stationären Kunden aufrechterhalten lässt. Nicht anders als etwa viele Floristen oder Buchhandlungen bot sich auch für den Multichannel-Fahrradhändler WhatsApp als ein naheliegender Kommunikationskanal an. "Händler können über WhatsApp Beratung und Service super erfolgreich ausspielen", sagt dazu Rose-Bikes-Beirat Marcus Diekmann. "Wir haben während der Pandemie innerhalb kürzester Zeit WhatsApp als Kanal angeboten. 81 Prozent der Kunden, die über WhatsApp angefragt haben, haben später auch gekauft. So haben wir im stationären Handel von Rose Bikes 45 Prozent Umsatz über WhatsApp gemacht."

Wie Diekmann weiter erzählt, hat der Shop den Beratungsservice zunächst ganz einfach manuell umgesetzt. "Dabei haben wir schnell gemerkt, dass das so nicht professionell geht. Dafür braucht es eine vernünftige Softwarelösung wie zum Beispiel ein Messenger-Service System, über das man dann die vielen Fragen managen kann." Der Fahrrad-Multichannelhändler hat sich aus diesem Grund für die Lösung des Münchner Conversational-Commerce-Spezialisten Messengerpeople entschieden.

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Rose Bikes setzt auf Beratungs-Bot auf Machine-Learning-Basis

Neben WhatsApp als Beratungskanal setzt Rose Bikes noch auf weitere Conversational-Commerce-Formate: die Beratung durch Community-Experten mithilfe des Tools Guuru, den KI-basierten Bike-Berater von Zoovoo sowie die Paket-Tracking-Lösung Paqato. Ergänzt wird dieses Setup durch einen Onsite-Chatbot.

"Als nach Beginn der Corona-Pandemie die Kundennachfrage extrem hochging, haben wir gesehen, dass unser Service-Team an seine Grenzen stieß und eine Alternative zur manuellen Beantwortung der Anfragen nötig ist", sagt Diekmanns Kollege Sebastian Bomm, Director User Experience & Customer Intelligence bei Rose Bikes. Nachdem sich der Fahrradhändler bereits zuvor mit Chatbot-Lösungen auseinandergesetzt hatte, fiel recht schnell die Entscheidung für den Hamburger Anbieter moinAI. "Deren Machine-Learning-Ansatz eignet sich sehr gut für die Beantwortung von repetitiven Fragestellungen. So konnten wir das Service-Team entlasten, das sich wieder schwerpunktmäßig um spezifische Beratungsfälle kümmern konnte", berichtet Bomm.

Um die Chatbot-Lösung von moinAI mit dem passenden Content zu füttern, mussten die häufigsten Anfragen an den Kundenservice bereits in gesammelter Form und mit ausformulierten Antworten vorliegen. Die technische Einbindung erfolgte über sogenannte Webhooks innerhalb der JavaScript-Codes - vergleichbar etwa mit einer Google-Analytics-Integration. Nach der Anbindung des Chatbots denkt man bei Rose Bikes jetzt über einen Ausbau der Lösung nach, allerdings weiterhin im Service-Kontext: "Der Bot könnte künftig zum Beispiel auch direkt auf den Produktseiten Fragen beantworten. Als Umsatztreiber, etwa durch den Warenverkauf im Chat, sehen wir Chatbot-Lösungen allerdings nicht", stellt Sebastian Bomm klar.

Das sieht Robert Weber, Chief Marketing Officer bei moinAI, ähnlich. "Der wichtigste Anwendungsfall sind für unsere Lösung Fragen wie: Wo ist mein Paket? Ist ein Artikel verfügbar? Oder wie hoch sind die Rücksendekosten?", erzählt der Firmenmitgründer. Moin.ai will Kundenservicemitarbeiter von Anfragen entlasten, um ihnen mehr Zeit für echte Beratungsthemen zu geben. Damit die Chatbot-Lösung gut funktioniert, legt der Anbieter Wert darauf, dass der Händler seine FAQs gut im Griff hat und die nötige Zeit in die Pflege des Tools investiert. "Am Anfang sind das circa zwei bis drei Tage. Später, im laufenden Prozess, ist es maximal ein Tag pro Monat, den der Händler aufbringen sollte, um die Kommunikationsstränge zu optimieren und weiterzuentwickeln." moinAI differenziert sich vom Wettbewerb, indem es mit einem eigenen Customer Success-Team die Handelskunden bei dieser Arbeit unterstützt und ihnen Customer Insights zur Verfügung stellt, die bei der Optimierung der Chatbots hilfreich sind.

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Sebastian Bomm, Rose Bikes
"Als Umsatztreiber, etwa durch den Warenverkauf im Chat, sehen wir Chatbot-Lösungen nicht."

Myphotobook erweitert Wissensdatenbank zur Chatbot-Lösung

Die Implementierung eines Chatbot kann ein Händler aber auch schrittweise in Angriff nehmen - so geschehen beim Foto-Onlineshop Myphotobook. "Wir hatten bereits für den Aufbau unserer Wissensdatenbank auf den Dienstleister OMQ gesetzt. Als sich 2020 die Anzahl der Anfragen an unseren Kundenservice massiv häuften, entschlossen wir uns dazu, den Chatbot von OMQ einzusetzen", erzählt Bianca Gaede, Leiterin Kundenservice bei Myphotobook. Durch den bestehenden Content-Grundstock habe der Bot bereits ohne weiteres Training viele Fragethemen eigenständig beantworten können.

Auch die technische Implementierung sei per Integration in JavaScript sehr einfach gewesen. "Theoretisch könnte man einen Chatbot selbst aufbauen, aber dafür müsste man mindestens ein halbes bis ein dreiviertel Jahr veranschlagen - und hätte dann noch eine Lösung, die weniger weit entwickelt wäre, wie das mit einem Dienstleister möglich ist“, sagt Gaede.

Durch die Einführung des Chatbots sieht sie für das Geschäft von Myphotobook deutliche Vorteile: Die Kunden schätzen, dass sie Informationen eigenständig abrufen können und nicht mehr an die Servicezeiten des Support-Teams gebunden sind. Und der menschliche Support wird von vielen Anfragen entlastet.

Bianca Gaede kann sich deshalb vorstellen, die Chatbot-Lösung künftig auch für weitere Funktionen wie beispielsweise der Produkt-Beratung einzusetzen. "Aber nicht proaktiv, sondern nur für Kunden, die das wünschen. In Deutschland gibt es nämlich noch immer viele Menschen, die sich gruseln, wenn plötzlich ein Bot aufpoppt“, erklärt die Kundenservice-Expertin.

Anbieterübersicht: Dienstleister für Conversational Commerce (Auswahl)

AnbieterBeschreibung
Botcamp.aiDie Chatbot-Lösung des Kundenservice-Spezialisten Dr. Schengber & Friends aus Münster hat sich zur Aufgabe gemacht, effektive und nutzerfreundliche Bots zu bauen, die sich in ein ganzheitliches Kundenerlebnis einfügen. Das Ziel sei die bestmögliche Kombination zwischen intelligenter Technik und einem leistungsstarken Team, sagt das Unternehmen.
ChatchampDas in München ansässige Unternehmen ist auf Conversational Commerce und Guided Selling-Technologie spezialisiert. Der digitale Produktberater schlägt den Webseiten-Besuchern genau die richtigen Produkte vor und nimmt ihnen so die zeitaufwendige Suche über die Webseite ab. Im Februar 2023 wurde Chatchamp von der Personalisierungs-Plattform trbo akquiriert.
MessengerpeopleDer Münchner Spezialist für WhatsApp, Messenger & Chatbots ist seit 2021 Teil der Cloud-Kommunikationsplattform Sinch. Die Software-as-a-Service-Plattform ermöglicht die professionelle Kundenkommunikation über Messenger wie WhatsApp, Facebook Messenger, Apple Messages for Business, Instagram, Telegram, Viber und viele mehr.
moinAIDer Betreiber Knowhere GmbH aus Hamburg entwickelt seit 2015 Chatbots, setzt Messenger-Marketing-Strategien um und automatisiert Kommunikationsprozesse für mittelständische bis große Unternehmen. Auf Basis dieser Erfahrung ist moinAI entstanden, eine KI-Chatbot-Lösung für verschiedene Anwendungsfälle und Branchen.
OMQDas 2010 gegründete Berliner Technologieunternehmen hat sich früh auf KI-basierten Support und Service-Software spezialisiert. Die intelligente Wissensdatenbank erkennt die Bedeutung von Kundenanfragen und beantwortet diese in Echtzeit. Die Technologie aus dem Bereich NLU (Natural Language Understanding) ist aus einem länderübergreifenden Forschungsprojekt israelischer, italienischer und deutscher Forschungseinrichtungen entstanden.
UserlikeUserlike ist die gleichnamige Chatbot-Lösung des Unternehmens Userlike aus Köln. Der Chatbot wird seit 2011 vertrieben und befindet sich laut Unternehmen bei 2.000 Kunden im Einsatz. Ziel ist es nach eigener Aussage, Messaging-Erfahrungen in die Kundenkommunikation zu bringen - mit einer umfassenden Support-Plattform für Webseite-Chat, Facebook Messenger, WhatsApp und weiteren Messenger-Apps.
charlescharles ist ein SaaS-Anbieter mit Sitz in Berlin. Als All-in-One-Betriebssystem ermöglicht es Service-, Verkaufs- und Newsletter-Funktionen für Chat-Apps. Damit können Unternehmen den Verkauf von Produkten, beziehungsweise ihre Angebote personalisieren, Newsletter versenden und Kundenanfragen direkt im Chat beantworten. Im August 2022 erhielt das Unternehmen in einem Mega-Invest 20 Millionen US-Dollar von Salesforce Ventures.

Matthias Hell

Matthias Hell ist Experte für E-Commerce-Themen. Der promovierte Politikwissenschaftler beleuchtet für uns seit mehr als zehn Jahren als freier Autor Handels- und Online-Themen, zunächst für Internet World, jetzt für W&V. Zudem ist Matthias für den täglichen W&V Newsletter Commerce Shots zuständig. Neben einigen Fachbüchern hat er zwei Bildbände zur modernen Architektur seiner Heimatstadt München veröffentlicht und widmet sich in seiner Freizeit seiner Leidenschaft für Musik und Literatur. 
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