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Case

Ausgabe: 03 / 23 Lesedauer: min

Tonies: Kaufberatung und Service per Chat

Der Kinderhörspiel-Anbieter Tonies berät seine Kunden über einen Chat mit Community-Mitgliedern. Einfache Fragen übernimmt der Chatbot automatisch, spezielle Anliegen löst der Tonies-Kundenservice. Die Kommunikation läuft über eine Lösung von Guuru.

Vom Märchen zur Börse

Es war einmal ein genervter Vater, der die zerkratzten Hörspiel-CDs seiner Töchter leid war. Er machte sich auf die Suche nach einer digitalen Lösung und erfand gemeinsam mit einem zweiten Vater die Toniebox, ein kinderleicht zu bedienendes digitales Abspielgerät.

Diese fast märchenhafte Geschichte begann 2013, die beiden Väter waren Patric Faßbender und Marcus Stahl. 2016 brachten sie die Toniebox auf den Markt. Seither wurden in zwölf Ländern rund 3,5 Millionen Tonieboxes und mehr als 40 Millionen Hörspiel-Tonies verkauft. 2021 machte das Unternehmen damit 188 Millionen Euro Umsatz, seit November 2021 ist Tonies an der Frankfurter Börse gelistet. 

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Fehlende Ressourcen für einen Chat

Ein Problem für das Unternehmen war der Kundenservice: "Wir wollten unseren Kunden eine schnelle Problemlösung via Chat ermöglichen, sind aber ein recht junges Unternehmen mit viel Wachstum und hatten nicht die Ressourcen, einen solchen Service zu stemmen", erklärt Eva Fey, Director Customer Care bei Tonies.

Die Lösung fand Tonies 2018 bei Guuru, einem Chat-Tool, das die Einbindung von Nutzern als Berater ermöglicht. Fey: "Dieses Konzept, unsere Community-Mitglieder einzubeziehen, passt perfekt zu uns als Marke."

Der Chat funktioniert heute dreistufig. In der ersten Stufe beantwortet ein Chatbot automatisiert einfache Fragen und verweist auf die entsprechenden Informationen im Self-Service-Bereich. Dafür hat Tonies seine Kundenanfragen nach häufig wiederkehrenden Fragen und Formulierungen analysiert und so 30 bis 40 Intents und die zugehörigen Antworten definiert. Das sind beispielsweise Fragen nach Lieferzeiten oder der Versandkosten. 50 bis 60 Prozent dieser Fragen kann der Chatbot abschließend beantworten.

Die Community weiß Rat

Gelingt dies nicht, wird die Anfrage in der zweiten Stufe an einen Ansprechpartner aus der Community weitergeben. "Wir hatten das große Glück, dass von Beginn an auf Facebook sehr lebendige Tonies-Communitys entstanden sind, die sich auch schon gegenseitig bei Fragen unterstützt haben und mit denen wir auch in Kontakt waren", so Fey.

Um sie als "Guuru"-Berater zu gewinnen, schickte Tonies einen Newsletter mit Link zu einer Bewerbungs-Landingpage an zufällig ausgewählte Community-Mitglieder. Die Interessenten mussten dann einen gemeinsam mit Guuru entwickelten Eignungstest durchlaufen, damit ein gewisses Produktwissen und Kommunikationsverhalten gewährleistet war.

So entstand ein fester Kern von rund 30 Beratenden. Sie beantworten beispielsweise Fragen zum Handling, empfehlen passende Produkte und helfen bei Altersfragen. 85 bis 95 Prozent der Anfragen können so geklärt werden. "Für uns und unsere Kund:innen hat es den großen Vorteil, dass andere Nutzer aus ihrer Erfahrung heraus wirklich gute Beratung leisten können", freut sich Fey.

Eva Fey, Tonies
"Dieses Konzept, unsere Community-Mitglieder einzubeziehen, passt perfekt zu uns als Marke."

Drei Mitarbeitende im Tonie-eigenen Kundensupport

Dadurch landen nur wenige, eher spezielle Anfragen bei den drei Mitarbeitenden des Tonie-eigenen Kundensupports - der dritten Stufe des Chats. Die Guuru-Lösung leitet die eingehenden Anfragen automatisch an den schnellsten, relevantesten und kostengünstigsten Support weiter – Bot, Community oder Tonie-Agent. Fey ist mit dieser Lösung mehr als zufrieden: Der Chat steht an sieben Tagen die Woche von 7 bis 24 Uhr zur Verfügung. Die Guurus reagieren schnell und zuverlässig, die Kund:innen sind zufrieden. Über ein exaktes Tracking, ob die Beratung tatsächlich zum Kauf geführt hat, verfügt Tonies zwar nicht, aber Fey hat die Entwicklung über einen längeren Zeitraum beobachtet. Sie ist sich daher sicher: "Die Lösung trägt sich durch die erzielte Conversion Rate selbst."

Das Chat-Aufkommen unterliegt starken saisonalen Schwankungen, grob geschätzt laufen im Durchschnitt 3.000 bis 4.000 Konversation pro Monat über die Guuru-Lösung. Nach Angaben von Guuru liegt der Startpreis für die Kombination Community und Automation bei 3.000 Euro im Monat, gestaffelt nach der Anzahl der Konversationen. Bei 5.000 Gesprächen kostet die Nutzung zum Beispiel 3.600 Euro. Dazu kommt eine kleine Vergütung für die Beratenden, beispielsweise zwei Euro für eine gut bewertete Antwort oder Punkte auf einem Sammelkonto.

Die Integration erfolgt über einen Quellcode-Schnipsel, der über eine API in das Shopsystem von Commerce-Tools eingebunden wurde - laut Fey ein sehr" aufwandsarmes Unterfangen", das schnell erledigt war. Auch die weitere Konfiguration und Anpassung des Chats an das eigene Design seien "selbsterklärend" gewesen.

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Christiane Fröhlich

Als freie Autorin beobachtet Christiane Fröhlich, welche Trends, Hypes und Flops die Commerce-Branche alljährlich produziert. Außerdem entstehen an ihrem Schreibtisch Artikel zu den technischen Aspekten von Web-Präsenzen: Shopsoftware und IT-Architektur, alle nötigen Lösungen rund um den Webshop, Usability oder Logistik sind die Themen. Dem E-Commerce und der Internetwirtschaft ist die Diplom-Journalistin seit 1997 verfallen; seither schreibt sie darüber, wie sich im Internet (mehr) Geld verdienen lässt.
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