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Case

Ausgabe: 04 / 23 Lesedauer: min

Mit Amazon Ads ins Ausland

Wer über Amazon in anderen Ländern verkaufen will, steht schnell vor der Aufgabe, auch das Advertising bei Amazon zu internationalisieren. Was dabei zu beachten und was in der Praxis hilfreich ist.

Amazon bemüht sich mittlerweile sehr darum, seine Marktplatz-Händler beim Advertising auf Amazon im Ausland zu unterstützen - nicht zuletzt, weil sich an diesem Werbegeschäft gut verdienen lässt. 2020 hat Amazon eine automatische Übersetzung deutscher Texte in Sponsored Brand Ads auf Englisch eingeführt, in der Folge wurden die Services immer weiter ausgebaut. Seit September 2022 steht in der Werbekonsole nun ein Lokalisierungsservice zur Verfügung, der nach Amazon-Angaben unterstützt von professionellen Linguisten sowohl Texte als auch Videos für Amazon Ads binnen zehn Tagen in elf Sprachen übersetzt und anpasst. "Amazon hat in der eigenen Advertising Konsole in den vergangenen Monaten viel getan", sagt Filip Egert, Geschäftsführer der Amazon-Agentur Remazing, "Wo es früher ohne externe Tools sehr schwerfällig war, stehen Herstellern heute mehr und bessere Tools und Insights direkt zur Verfügung."

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Die 80:20-Regel

Doch was kann ein Tool leisten und wo stößt es an seine Grenzen? Egert gibt die 80:20-Regel aus: 80 Prozent automatisieren, 20 Prozent manuell nachbearbeiten – zumindest, wenn ein Händler das Maximale aus seinem Werbeinvest herausholen will. Das sehen andere ähnlich, etwa Simone Muhr, Leiterin des Customer-Success-Teams bei Metoda. Die Münchner Agentur hat sich ebenfalls auf Amazon spezialisiert und vertreibt eigene Tools wie den KI-basierten "Ad Optimizer". So unterstützt die Lösung die Händler zwar beim Herausfiltern der besten Keywords und optimiert diese automatisiert immer weiter, dennoch sagt Muhr: "Komplett ohne manuelles Nacharbeiten geht es nicht". Sonst ist im Zweifelsfall der eigene Markenname aus Versehen mit übersetzt.

Zudem muss der Händler ein Auge auf die Headline etwa der Sponsored Brand oder Sponsored Display Ads in der jeweiligen Sprache haben. Und dabei steckt der Teufel wie so oft im Detail. Egert nennt ein Beispiel: Wer in Deutschland ein Deo bewirbt, verwendet oft den Begriff "aluminiumfrei", weil das hierzulande ein Verkaufsargument ist. In Spanien oder Italien spielt dies hingegen keine Rolle, der Begriff stört in der Headline vielleicht sogar. "Um so etwas zu verhindern, braucht es Menschen, die im Land aufgewachsen sind und die sich mit dem Markt und den Gegebenheiten wirklich gut auskennen", ist er überzeugt.

Da nicht jeder über die entsprechenden Mitarbeiter im jeweiligen Land verfügt, stehen Dienstleister wie YLT Translation zur Verfügung, die Keywords, Headlines und Texte von Muttersprachlern übersetzen lassen. Denn: "Die meisten maschinell übersetzten Listing lesen sich holprig und sind oft mit Fehlern übersät, was für den Verbraucher abschreckend ist", betont Jana Krekic, Gründerin und Geschäftsführerin von YLT Translations. Ihrer Meinung nach stoßen automatische Übersetzungen vor allem beim Kontextverständnis, beim Sprachgebrauch und auch bei der Tonalität schnell an ihre Grenzen. Wichtiger Tipp: Da Amazon für bestimmte Werbemittel wie die Sponsored Product Ads die Ad-Inhalte automatisch aus den Product Listings generiert, rächt sich eine fehlerhafte Übersetzung der Inhalte gleich doppelt.

Ein Tool hat kein Gespür für den Sprachgebrauch und übersetzt "Bikini für dicke Frauen" statt "Bikini in großen Größen". Und ein Rasierer ist kein Rasenmäher…(Bild: YTL Translations)

Jedes Land braucht seine Strategie

Dennoch sind Tools wie Perpetua, Pacvue, Adference, BidX, Sellics oder E PWR zur Kampagnen-Automatisierung nahezu unentbehrlich - vor allem aber einem gewissen Werbeumfang. Egert betrachtet sie in jedem Fall als guten Startpunkt und auch Muhr betont, dass die Lösungen helfen, "nicht jedes Mal wieder bei null anfangen zu müssen". Sie geht sogar noch einen Schritt weiter und betont: "Der Amazon-Algorithmus ist nur mit einem anderen Algorithmus zu schlagen." Sprich: Nur mit ständiger automatisierter Optimierung der Kampagnensteuerung im jeweiligen Land lässt sich das Beste aus einem Budget herausholen.

Denn - auch da sind sich Egert und Muhr einig - Kampagnen lassen sich nicht eins zu eins von einem Land ins andere übertragen, es braucht eine jeweils passende Strategie. "Je nachdem, wie meine Marke im Markt positioniert ist und welche Ziele ich für ein Land definiere, muss ich völlig unterschiedliche KPIs setzen", sagt Egert. Während es im Heimatmarkt vielleicht um die reine Verkaufsförderung gut eingeführter Produkte geht, steht in einem frisch erschlossenen Markt die Aufmerksamkeit oder der Markenaufbau im Vordergrund. Entsprechend gilt es, die Kampagneninhalte und -steuerung anzupassen.

Dazu kommt, dass jeder Markt seine Eigenheiten hat. So kann es sein, dass Premiumprodukte, bestimmte Packungsgrößen oder Bundles in Deutschland nicht gefragt sind, in Spanien aber gut laufen - oder andersherum. Daher mahnen beide an, das zu bewerbende Produktportfolio an das Zielland anzupassen und sich lieber auf weniger Produkte zu konzentrieren als nach dem Gießkannenprinzip viele zu bewerben.

Letztlich ist es aber eine Frage der eigenen Ressourcen. "Wenn ein Händler sich auf einen großen Markt wie Deutschland fokussiert, ist mehr gewonnen, wenn er diese Werbestrategie einfach auf weitere Länder überträgt, als wenn er dort gar nicht wirbt. Es ist zumindest ein Anfang", so Muhr.

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Zwei Monate mit zehn Euro pro Tag und ASIN

Als Faustregel nennt sie folgende Werte: Für einen Test sollte eine Kampagne mindestens zwei Monate laufen, nur so habe man die Chance nach ersten Zwischenergebnissen schon an einigen Stellen nachzujustieren. Sie empfiehlt dafür pro ASIN und Tag ein Budget von zehn Euro. Bei einem angenommenen Cost per Click von 50 Cent, reiche dies für 20 Klicks, bei einer angenommenen Conversion Rate von fünf Prozent ergebe dies eine Conversion pro Tag. Von dieser Basis aus könne man dann weiter optimieren. Am einfachsten für den Start sind ihrer Meinung nach Sponsored Product Ads, weil sie eben automatisch von Amazon generiert werden. Am aufwändigsten sind Video Ads, weil dort im schlechtesten Fall Bilder, Text und Musik angepasst werden müssen.

Die größte Stolperfalle bei der Internationalisierung sehen die Amazon-Experten jedoch in den fehlenden Basics, Egert nennt es "Retail Readyness": Wenn ein Händler Hygienefaktoren wie die Produktpräsentation, das Pricing oder die Lieferzeiten auf den Marktplätzen jenseits der Grenze nicht im Griff hat, hilft die beste Werbung nichts.

Christiane Fröhlich

Als freie Autorin beobachtet Christiane Fröhlich, welche Trends, Hypes und Flops die Commerce-Branche alljährlich produziert. Außerdem entstehen an ihrem Schreibtisch Artikel zu den technischen Aspekten von Web-Präsenzen: Shopsoftware und IT-Architektur, alle nötigen Lösungen rund um den Webshop, Usability oder Logistik sind die Themen. Dem E-Commerce und der Internetwirtschaft ist die Diplom-Journalistin seit 1997 verfallen; seither schreibt sie darüber, wie sich im Internet (mehr) Geld verdienen lässt.
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