Recht

Ausgabe: 06 / 23 Lesedauer: min

KI: Nutzung von Bildern und Texten von ChatGPT und Co.

ChatGPT, Midjourney oder andere "Künstliche Intelligenzen" sind in der Lage, Bilder oder Texte zu erschaffen, die so mancher nicht mehr vom Werk eines echten Menschen unterscheiden kann. Doch je besser die Algorithmen werden, umso drängender werden auch die Rechtsfragen: Verträgt sich das mit dem Urheberrecht? Besteht für Online-Händler, die KI nutzen, ein Haftungsrisiko?

Künstliche Intelligenz (KI) findet aktuell in Windeseile Einzug in fast jede Branche. Sie hat das Potenzial, für disruptive Veränderungen zu sorgen. Auch im Online-Handel bieten sich vielfache Einsatzmöglichkeiten für Text- oder Bild-KIs: Gibt man in ChatGPT seine Anweisungen ein, lassen sich per Knopfdruck ansprechende Produktbeschreibungen erzeugen. Genauso verhält es sich mit KI-erzeugten Bildern, die das Design der eigenen Website oder Artikel im Online-Shop für Kunden attraktiver machen sollen.

Doch verletzen diese KI-Werke Urheberrechte?

Drohen Abmahnungen für die Nutzung?

Wie wird eine KI "kreativ"? Durch maschinelles Lernen. Dabei wird sie mit Ausgangsmaterial gefüttert, anhand derer sie Muster, Regeln und Konzepte erkennen soll. Aus dem Gelernten kann die KI dann einzigartige Ergebnisse generieren. Für das maschinelle Lernen werden echte Texte oder Bilder, meist aus dem Internet, gesammelt und in gesonderte Trainingsprogramme eingespeist. Doch können die mittels KI generierten Werke die Urheberrechte der Künstler und Autoren verletzen, mit deren Werken die KI gelernt hat? Etwa, wenn das neue Werk sehr stark an ein bestehendes erinnert oder Teile davon kopiert?

Das fremde Urheberrecht ist nicht berührt, wenn das neue Werk einen "hinreichenden Abstand" zum benutzten Werk hat. Bei KI-Werken erkennt die KI grundsätzlich nur abstrakte Regeln aus Millionen Bildern oder Texten. In aller Regel ist das Ergebnis ein völlig eigenes "Werk" und die Urheberrechte des "Lernmaterials" werden nicht verletzt. Das gilt auch, wenn der steuernde Mensch der KI befohlen hat, "schreibe einen Text / erstelle ein Bild im Stil von …". Denn der Stil eines Künstlers ist nicht urheberrechtlich geschützt.

Bestimmte, ganz eigentümliche Merkmale von Werken können allerdings durchaus geschützt sein. Wer gerade die charakteristischen Merkmale eines Werkes für ein neues übernimmt, kann sich zwar grundsätzlich auf die neue gesetzliche Erlaubnis der Pastiche (§ 51a UrhG) stützen. Diese gilt aber nur, wenn sich das neue Werk kreativ mit dem vorbestehenden Werk auseinandersetzt. Wenn aber eine KI etwas selbstständig aus Vorlagen kreiert, ist das keine "kreative Auseinandersetzung" mit dem vorbestehenden Werk - denn hier gibt es überhaupt keinen Menschen, der kreativ wird. Daher dürften solche KI-"Werke" dann Urheberrechte verletzen.

Spätestens derjenige, der ein rechtsverletzendes KI-Werk dann wieder ins Internet stellt, könnte dann möglicherweise dafür haftbar gemacht werden. Wenn also im Einzelfall einmal Rechte verletzt werden, sind zumindest Unterlassungsforderungen denkbar, bei denen es schon zu hohen Anwaltskosten für die Abmahnung kommen kann. Möglicherweise kommen sogar Schadensersatzansprüche in Betracht. Aktuell ist die Haftungsfrage zwar noch umstritten. Es wäre aber gut denkbar, dass ein ungeprüftes Kopieren - zum Beispiel von ChatGPT-Inhalten - eine eigene Sorgfaltspflichtverletzung darstellt und ein möglicher Urheber den Nutzer für Rechtsverletzungen verantwortlich machen kann. Hinsichtlich ChatGPT verweist OpenAI in ihren Nutzungsbedingungen darauf, dass sie nicht für Urheberrechtsverletzungen haften und es die Verantwortlichkeit des Nutzers ist, die Resultate angemessen zu verwerten und bei Bedarf die erforderlichen Rechte und Genehmigungen einzuholen. Das ist in der Praxis völlig unrealistisch, weil der Nutzer eben nicht weiß, woher die Inhalte von ChatGPT stammen - ein Dilemma, bei dem noch keine Rechtsklarheit herrscht.

Wer hat alles Rechte am Output einer KI?

Wer hat nun aber das Urheberrecht an einem KI-generierten Werk? Der Nutzer, die KI oder das Unternehmen, das die KI programmiert hat? Eines lässt sich direkt sagen: Die KI kann es nicht sein, denn das deutsche Recht ist an dieser Stelle eindeutig. Ein Stück Software kann niemals Urheber sein, denn ohne das Zutun eines Menschen gibt es schon kein urheberrechtlich geschütztes Werk.

Vielleicht aber der "Prompter", also der Bediener von KI-Systemen, der KIs wie ChatGPT oder Midjourney Handlungsanweisungen (Prompts) gibt? Im Urheberrecht gilt zwar: Steuert ein Mensch eine Maschine lediglich wie ein Werkzeug, wäre er der Urheber. Prompter haben zwar großen Einfluss auf das Ergebnis. Sie liefern aber letztendlich nur die Idee. Aus dieser Idee kann an dem unvorhersehbaren Erzeugnis der KI grundsätzlich kein urheberrechtlicher Schutz entstehen. Ein Urheberrecht käme allenfalls in Betracht, wenn der kreative Anteil des steuernden Menschen ausschlaggebend für das Werk war. Je komplexer und umfangreicher der eingegebene Befehl war und je mehr ein Mensch hier immer wieder nachgebessert hat, bis das Ergebnis den eigenen Vorstellungen entspricht, desto wahrscheinlicher ist ein Urheberrecht des Nutzers.

Die Entwickler der KI können jedenfalls keine Urheberrechte an dem Output ihrer Software erwerben. Allerdings sind sogenannte Leistungsrechte als Tonträger-, Datenbank- oder Filmhersteller denkbar. Unabhängig davon sichern sich viele Anbieter frei zugänglicher KIs - z.B. Lensa - ein eigenes Nutzungsrecht an den mit ihrer Software geschaffenen Werken, etwa für ihre Sammelgalerien oder um sie wieder in die Datenbank zurückzusetzen. Dies hindert Nutzer der KI jedoch nicht daran, die Ergebnisse frei für die eigene Website zu nutzen.

Fazit

Die Rechtslage rund um Künstliche Intelligenz wird Juristen in den nächsten Jahren weiter beschäftigen. Der kommerzielle Einsatz von Text- und Bildgeneratoren ist aber aus rechtlicher Sicht schon jetzt gut möglich, die Risiken von Urheberrechtsverletzungen für Nutzer dürften äußerst gering sein. So kann der Einsatz von KI für Produktbeschreibungen, Webdesign, Beispielbilder und vieles mehr einiges im Online-Handel erleichtern und helfen, Kunden anzusprechen und Umsätze zu steigern.

Christian Solmecke

Christian Solmecke hat sich als Rechtsanwalt und Partner der Kölner Medienrechtskanzlei WBS.LEGAL auf die Beratung der Internet- und IT-Branche spezialisiert. So hat er in den vergangenen Jahren den Bereich Internetrecht/E-Commerce der Kanzlei stetig ausgebaut und betreut zahlreiche Medienschaffende, Web 2.0 Plattformen und App-Entwickler. Neben seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt ist Solmecke Buchautor und Geschäftsführer der cloudbasierten Kanzleisoftware Legalvisio.de.

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