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Einordnung

Ausgabe: 08 / 23 Lesedauer: min

Es lebe das E-Mail-Marketing!

Seit mindestens einem Jahrzehnt wird der E-Mail mit schöner Regelmäßigkeit der nahe Tod prophezeit - totzukriegen war sie bislang aber nicht. Im Gegenteil: Aus einem gelungenen Marketing-Mix sind Mail-Aktionen nicht wegzudenken, trotz der wachsenden Konkurrenz etwa durch WhatsApp. Ein Pluspunkt ist die große Bandbreite an Einsatzmöglichkeiten. Trends wie Interaktivität und Personalisierung, gestützt durch künstliche Intelligenz, helfen beim Modernisieren des Marketing-Tools.

"Wenn Social Media die Cocktailparty ist, dann ist E-Mail-Marketing der persönliche Kaffeetreff, der ursprüngliche One-to-One-Kanal", hat der Marketing-Coach und E-Mail-Marketing-Experte Erik Harbison einmal gesagt. Und tatsächlich: Der direkte Kontakt sowohl zum einzelnen Kunden als auch zu segmentierten Kundengruppen ist eine der großen Stärken der E-Mail-Kommunikation - zumal sich im Gegensatz zu einem breit gestreuten Social-Media-Post immer überprüfen lässt, ob der Empfänger sie erhalten und geöffnet hat.

Ein weiterer Vorteil: E-Mails lassen sich gut individuell an das Corporate Design und die Unternehmensbedürfnisse anpassen, und zwar ohne allzu großen technischen Aufwand. Der seit Jahren anhaltende Trend zur Personalisierung ermöglicht zudem eine immer gezieltere, passgenauere Kundenansprache.

Hoher ROI beim E-Mail-Marketing

Dazu kommt, dass sich der Erfolg von E-Mail-Kampagnen relativ gut messen lässt. Eine überschaubare Anzahl an Kennzahlen - von Öffnungs- und Klickraten über Conversion Rates bis hin zu Abmelderaten und Return on Investment - vermitteln auch in kurzer Zeit schon ein recht gutes Bild vom Effekt der Marketingaktionen. Apropos Return on Investment: Der ROI im E-Mail-Marketing liegt nach einer Statistik-Sammlung des Tool-Vergleich-Anbieters EmailToolTester bei 4.400 Prozent, das heißt für jeden Euro, der ins E-Mail-Marketing fließt, kommen im Schnitt 44 Euro zurück. Denn in der Regel fallen beim E-Mail-Marketing nur überschaubare externen Marketingkosten an - im Gegensatz zu teuer gebuchten Anzeigenplätzen in Suchmaschinen und Kosten etwa für Mediaagenturen.

Das macht E-Mail-Marketing selbst in Krisenzeiten wie in einer Rezession zum Favoriten bei den Marketern: Fast 42 Prozent räumen E-Mail-Marketing die Spitzenposition unter den verfügbaren Marketingmaßnahmen in wirtschaftliche schwierigen Zeiten ein, dicht gefolgt von digitaler Werbung. Social Media, Suchmaschinenmarketing oder Influencer Marketing bescheinigen die Befragten einer Studie des E-Mail-Marketing-Anbieters Mailjet dagegen deutlich weniger Effizienz.

Das gilt übrigens nicht nur für den klassischen Handel, sondern auch für D2C-Anbieter, die in der Regel stärker auf Social Media setzen. Selbst dort hat E-Mail-Kommunikation die Nase vorn: Fast drei Viertel der D2C-Käufer kommunizieren am liebsten per Mail mit der Marke, nur 19 Prozent bevorzugen Social-Media-Kanäle, wie eine Studie von United Internet Media gemeinsam mit der Agentur Annalect ergeben hat. Mehr als die Hälfte der deutschen Online-Shopper hat zudem Newsletter von Marken und Herstellen abonniert, was sich für diese definitiv auszahlt: Drei Viertel der Abonnenten kaufen im Shop ein, nachdem sie einen Newsletter erhalten haben.

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E-Mail-Marketing halten die meisten Marketer für wirtschaftlicher als etwa Suchmaschinenmarketing oder Social Media.

Ein weiterer Pluspunkt gegenüber neueren Konkurrenzkanälen wie Facebook, WhatsApp, Instagram oder Twitter (jetzt X): Der Händler ist deutlich unabhängiger. Er hat immer selbst Zugriff auf die Kundendaten und kann diese auch problemlos exportieren. Und er ist nicht so stark dem Geschäftsgebaren des Plattformbetreibers ausgeliefert, denn E-Mail-Provider gibt es viele und der Wechsel ist vergleichsweise einfach - ein Umstand, der angesichts der Turbulenzen um Twitter/X seit der Übernahme durch Elon Musk oder der Marktmacht von Mark Zuckerbergs Meta-Universum nicht zu vernachlässigen ist.

Promotion-, Transaktions- und Lifecycle-Mails

Gleichzeitig ermöglicht die E-Mail als Kanal ganz unterschiedliche Formen der Kommunikation, was sie zu einem hervorragenden Kundenbindungselement macht. Im Wesentlichen lassen sich drei Arten von Mail-Aktionen unterscheiden: Promotions-Mails, Transaktionsmails und Lifecycle-Mails.

Zu den Promotion-Mails zählen letztlich alle reinen Werbe-Mails, die beispielsweise auf neue Produkte hinweisen, saisonale Angebote bewerben oder auch Rabatt- und Gutscheinaktionen enthalten. Sie können in unregelmäßigen Abständen erfolgen oder auch periodisch als Newsletter mit fester Erscheinungsfrequenz. Für viele Unternehmen sind Newsletter Hauptbestandteil des E-Mail-basierten Marketings, 93 Prozent verschicken dem "E-Mail-Marketing Benchmark-Report 2023" der Beratungsfirma Absolit zufolge regelmäßig Newsletter.

Doch auch personalisierte Werbebotschaften an kleine, eng segmentierte Kundengruppen lassen sich gut per E-Mail realisieren. Solche Direct Mailings verzichten oft auf großes Design und wirken daher weniger wie eine Massen-Mail, was den Eindruck der persönlichen Ansprache unterstreicht. Sie können zum Beispiel als Einladung zu einem besonderen Event wie einer Modeschau oder einem Webinar eingesetzt werden. Für Promotion-Mails ist eine zweistufige Werbeeinwilligung des Empfängers nötig, das sogenannte Double-Opt-In.

Zu den Transaktions-Mails gehören alle Mails, die verschickt werden, wenn ein Kunde oder Interessent mit einem Unternehmen in Kontakt getreten ist. In den meisten Fällen ist das eine Bestellung; die dazugehörigen Transaktions-Mails sind die Bestell- und Versandbestätigung sowie Mails zur Sendungsverfolgung. Es kann aber auch die Reaktion auf die Anforderung von Informationsmaterial sein, eine Terminvereinbarung oder eine Beschwerde oder Reklamation. Auch Mails zum Erfassen der Kundenzufriedenheit oder dem Zurücksetzen des Passworts für den Kundenaccount gehören dazu.

Auch wenn sie im Idealfall komplett automatisiert verschickt werden, sind Transaktions-Mails immer an eine bestimmte, einzelne Person gerichtet. Viele Shopbetreiber nutzen Transaktions-Mails, um ihre Kunden oder Interessenten auch gleich noch zur Newsletter-Anmeldung und damit zu einem Double-Opt-In für weitere Werbekontakte zu bewegen.

Die dritte Gruppe, die Lifecycle-Mails, deckt alles ab, was der Pflege der Kundenbeziehung dient. Dazu gehören ganz klassisch die Willkommens-Mail nach der Newsletter-Anmeldung oder der ersten Bestellung sowie Angebote zum Cross- und Upselling nach der erfolgreichen Bestellung. Auch Geburtstags-Mails oder Jubiläums-Mails zur 25. Bestellung zählen dazu, ebenso Mails zur Rückgewinnung von inaktiven Kunden oder zur Erinnerung an eine abgebrochene Bestellung. Solche Erinnerungs-Mails haben dem Anbieter EmailToolTester zufolge übrigens dreifach höhere Conversion Rates als herkömmliche Werbe-Mails.  

Was sich verändern wird

Auch wenn E-Mail-Marketing fest etabliert ist, ist es ständigen Veränderungen unterworfen. Ein prägendes Thema derzeit ist - wie könnte es anders sein - der Einsatz künstlicher Intelligenz. Die Anwendungsgebiete reichen von der KI-gestützten Verbesserung von Betreffzeilen, über die Ermittlung des besten Versandzeitpunkts und Unterstützung bei der Kundensegmentierung bis hin zum komplettem Mail-Text durch ein KI-Tool. Außerdem kann KI Marketer bei der Analyse und Erfolgskontrolle von Kampagnen gut unterstützen. Hier wird sich in den kommenden Monaten viel tun auf dem Markt.

Ein zweites Thema ist der Datenschutz und das Tracking. Marketingexperten gehen davon aus, dass die Öffnungsrate als Kennzahl an Wichtigkeit verliert, weil Datenschutzmaßnahmen wie etwa das Verbergen der IP-Adresse die Aussagekraft dieses Messwerts verwässern. Daher werden neue Metriken wie eine intelligente Kombination aus Bounce- und Abmelderate, Klick- und Conversion Rate zunehmend relevanter werden.

Fast alle Unternehmen verschicken Newsletter, gut zwei Drittel personalisieren.

Zudem haben die verschärften Datenschutzvorgaben dazu geführt, dass immer mehr Händler sich um Zero-Party-Daten bemühen - also Daten, die Nutzer ihnen freiwillig zur Verfügung stellen. Auf deren Basis ist eine immer ausgefeiltere Segmentierung und Personalisierung möglich, so dass auch hier in der kommenden Zeit mit einem weiteren Ausbau zu rechnen ist. Den Nutzer in der Mail lediglich mit dem (richtigen!) Vornamen zu begrüßen, reicht schlicht nicht mehr, um sich zu profilieren. Zudem ist ein Trend zu stärkerer Interaktivität in Mails zu beobachten. Das können Bestelllinks sein, interaktive Spiele, Produktbewertungen oder Kundenumfragen, die zum einen für eine bessere Customer Experience, zum anderen für eine stärkere Kundenbindung sorgen können.

Kaum jemand verzichtet auf eine professionelle Lösung

Auch bei der eingesetzten Technik verändert sich die Nutzung: Rund 80 Prozent der deutschen Unternehmen setzen dem Benchmark-Report zufolge eine professionelle Versandlösung ein, neun Prozent nutzen sogar mehrere Tools. Kernfunktionen solcher Lösungen sind die Empfängerverwaltung und -segmentierung sowie Personalisierung, Tracking und Reporting, das Newsletter-Design per Drag&Drop-Editor sowie responsive Design-Vorlagen, die Newsletter-Automation, Test-Funktionen etwa für A/B-Tests sowie die Einhaltung von Datenschutzanforderungen wie Double-Opt-in.

Daneben kommen umfassende Marketing-Suites beziehungsweise CRM-Lösungen (Customer Relationship Management) zum Einsatz. Über alle Branchen hinweg nutzen 29 Prozent der Unternehmen solche Lösungen. Am häufigsten greifen Handelsunternehmen auf die komplexen Lösungen zurück: 46 Prozent wenden sie an. Diese Suites bündeln eine ganze Reihe an Tools an einer Stelle, die sonst getrennt angebunden und bedient werden müssen und versprechen den nahtlosen Datenabgleich und -austausch. Dadurch sollen unter anderem Datensilos verhindert werden. Dafür ist die Nutzung einer Suite komplexer und die einzelnen Module bringen unter Umständen eine etwas weniger breite Palette an Funktionen mit als eine hochspezialisierte Einzellösung. Welche technische Lösung besser geeignet ist, hängt daher von den konkreten Anforderungen im Unternehmen ab.  

E-Mail-Marketing-Lösungen:

  • Active Campaign
  • Brevo (ehemals Sendinblue)
  • CleverReach
  • GetResponse
  • Mailjet
  • Mailchimp
  • Rapidmail

Marketing Suites:

  • Adobe Experience Cloud
  • HubSpot Marketing Hub
  • Microsoft Dynamics 365 Marketing
  • Oracle Eloqua Marketing Automation
  • Salesforce Marketing Cloud
  • SAP Marketing Cloud
  • Zoho CRM

Christiane Fröhlich

Als freie Autorin beobachtet Christiane Fröhlich, welche Trends, Hypes und Flops die Commerce-Branche alljährlich produziert. Außerdem entstehen an ihrem Schreibtisch Artikel zu den technischen Aspekten von Web-Präsenzen: Shopsoftware und IT-Architektur, alle nötigen Lösungen rund um den Webshop, Usability oder Logistik sind die Themen. Dem E-Commerce und der Internetwirtschaft ist die Diplom-Journalistin seit 1997 verfallen; seither schreibt sie darüber, wie sich im Internet (mehr) Geld verdienen lässt.
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