Recht

Ausgabe: 08 / 23 Lesedauer: min

Rechtliche Stolpersteine beim Newsletter-Marketing

Im E-Mail-Marketing gibt es zahlreiche rechtliche Hürden, die Unternehmen kennen sollen, damit sie diese vermeiden können - und damit nicht in die Gefahr von Bußgeldern und Abmahnungen geraten. Martin Rätze, wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Wienke & Becker Rechtsanwälte, erklärt die rechtlichen Stolperfallen.

Die gesetzlichen Grundlagen für den Versand von Newslettern finden sich sowohl in § 7 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) als auch in der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Grundsätzlich benötigt ein Unternehmen für den Versand von E-Mail-Werbung eine ausdrückliche Einwilligung (zu einer Ausnahme später mehr).

Was ist E-Mail-Werbung?

Der Begriff E-Mail-Werbung umfasst wesentlich mehr als nur den Newsletter. Werbung ist jede unmittelbare oder mittelbare Form der Förderung des Absatzes für das eigene oder fremde Unternehmen sowie des Erscheinungsbildes des Unternehmens.

Unter den Begriff der Werbung fallen also folgende E-Mails:

  • der "klassische" Newsletter
  • Bewertungsaufforderungen
  • Bestellabbrecher-Mails
  • Geburtstagsglückwünsche an die Kundschaft
  • Feiertagsmailing ("Frohe Ostern" etc.)
  • Tell-a-Friend-Mails
  • Hinweise auf Sponsoring (z.B. "Wir unterstützen das Kinderhospiz")
  • Hinweise auf andere Kanäle (z.B. "Sie finden uns jetzt auch auf TikTok")

Inhalte dieser Art zählen auch dann als Werbung, wenn sie in andere Mails eingebunden sind. Enthält beispielsweise die Bestellbestätigungsmail eine Bewertungsaufforderung, dann handelt es sich bei diesem Teil also auch um Werbung.

All diese werblichen Inhalte dürfen grundsätzlich nur versendet werden, wenn die Empfängerinnen oder Empfänger ihre ausdrückliche Einwilligung erteilt haben.

Was ist eine Einwilligung?

Eine "Einwilligung" der betroffenen Person ist gemäß Art. 4 Nr. 11 DSGVO jede, freiwillig für den bestimmten Fall, in informierter Weise und unmissverständlich abgegebene Willensbekundung in Form einer Erklärung oder einer sonstigen eindeutigen bestätigenden Handlung, mit der die betroffene Person zu verstehen gibt, dass sie mit der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten einverstanden ist.

§ 8 Abs. 2 Nr. 2 UWG verlangt zusätzlich, dass diese Einwilligung "ausdrücklich" erteilt werden muss.

Diese Ausdrücklichkeit setzt ein bewusstes Handeln der Empfängerin bzw. des Empfängers voraus. Das bedeutet also, dass die Einwilligung nicht dadurch eingeholt werden kann, dass diese z.B. in AGB oder der Datenschutzerklärung "versteckt" wird. Vielmehr muss die betroffene Person aktiv z.B. ein Häkchen setzen und damit das Einverständnis für den Empfang von E-Mail-Werbung erteilt. Eine Verknüpfung etwa "Ich habe die AGB gelesen und melde mich zum Newsletter an" ist nicht zulässig. Die Anmeldung zum Newsletter muss separat erfolgen.

Wie dokumentiert man die Einwilligung?

Das Unternehmen trägt im Streitfall die Beweislast, dass eine Einwilligung zum Empfang des Newsletters (und der damit verbundenen Datenverarbeitung) vorliegt. Hierfür hat sich das sog. Double-Opt-in-Verfahren durchgesetzt:

Eine Interessentin oder ein Interessent trägt die eigene E-Mail-Adresse in ein vorbereitetes Formular ein und schickt dieses über einen Klick auf den Absende-Button zum Unternehmen. Daraufhin versendet das Unternehmen zunächst eine Begrüßungsnachricht mit der Aufforderung, einen Link zur Bestätigung der Anmeldung anzuklicken. Erst nachdem dies getan wurde, wird die E-Mail-Adresse in den Newsletter-Verteiler aufgenommen. Auf diese Weise kann verhindert werden, dass eine fremde Person, die keinen Zugang zum E-Mail-Postfach hat, diese Adresse für die Anmeldung zum Newsletter missbraucht.

In dieser Bestätigungs-Mail dürfen keine anderen Inhalte vorhanden sein außer die Bitte um Bestätigung sowie ein Impressum, andernfalls gilt diese Bestätigungs-Mail bereits als Werbung.

Jeder einzelne Vorgang zur Anmeldung ist genau zu dokumentieren. Hierzu gehört der genaue Zeitpunkt der Eintragung der Mail-Adresse in das Formular auf der Website, der Zeitpunkt des Versands der Bestätigungsmail, der Zeitpunkt der Bestätigung (also des Klicks auf den Link in der Bestätigungsmail) sowie der genaue Wortlaut der erteilten Einwilligung.

Behauptet die Empfängerin oder der Empfänger später, man habe nie eine Einwilligung erteilt, hat man mit dieser Dokumentation gute Chancen, die wirksame Einwilligung nachzuweisen.

Welche Inhalte muss die Einwilligung aufweisen?

Häufig sieht man in Online-Shops ein Feld, was einfach heißt "Ja, ich möchte den Newsletter erhalten"; manchmal ist die Bezeichnung sogar noch kürzer.

Dies stellt jedoch keine wirksame Einwilligung dar. Hintergrund ist, dass der BGH von einer Einwilligung verlangt, dass die betroffene Person genau erfährt, von welchem Unternehmen in Zukunft für welche Produkte und Dienstleistungen Werbung per E-Mail versendet wird.

Häufig dürften diese (ohnehin unwirksamen) Kurz-Einwilligungen auch nicht dem Interesse des Unternehmens entsprechen. Bei einer Anmeldung zum Newsletter ist z.B. nicht der Versand von Bewertungsaufforderungen erfasst, da diese gerade keinen Newsletter darstellen.

Zur Voraussetzung der Wirksamkeit einer Einwilligung gehört auch immer der Hinweis, dass die Einwilligung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden.

Will man die eigenen E-Mail-Kampagnen auch auswerten, z.B. mithilfe von unsichtbaren Pixeln, die in der Mail enthalten sind oder durch andere Tracking-Technologien, ist auch hierfür eine Einwilligung einzuholen. In einem personenbezogenen Tracking ohne Einwilligung würde ein Datenschutzverstoß liegen.

Unzulässige Bestellabbrecher-Mails

Vorsicht ist bei E-Mail-Werbung geboten, die klar unzulässig ist, aber in der Praxis in großem Maße eingesetzt wird, wie z.B. sog. Bestellabbrecher-Mails.

Eine Interessentin oder ein Interessent legt Ware in den Warenkorb, füllt die eigenen Daten aus und schließt dann das Browserfenster, ohne die Bestellung abzuschließen. Im Anschluss daran versendet das Unternehmen eine E-Mail an die im (abgebrochenen) Bestellvorgang erhaltene Mail-Adresse mit einer Erinnerung, dass die Ware noch im Warenkorb liege und dass die Bestellung jederzeit fortgeführt werden könne.

Dabei handelt es sich klassisch um unmittelbare Absatzförderung (das Unternehmen will ja, dass der Einkauf noch abgeschlossen wird) und damit um Werbung. Der Versand dieser E-Mail ist also nur mit ausdrücklicher Einwilligung erlaubt.

Das Unternehmen hat bei diesen Bestellabbrecher-Mails aber noch ein zweites Problem: Die personenbezogenen Daten aus einem abgebrochenen Bestellprozess dürfen überhaupt nicht gespeichert werden. Es existiert keine gesetzliche Grundlage, warum das Unternehmen diese Daten in den eigenen Systemen speichert. Der Bestellprozess wurde abgebrochen. Liegt keine Einwilligung der betroffenen Person zur Speicherung dieser Daten vor, ist dies rechtswidrig.

E-Mail-Werbung ohne Einwilligung

Das Gesetz kennt auch eine Ausnahme vom grundsätzlichen Erfordernis der Einwilligung. Sie haben bestimmt schon einmal von der sog. "Bestandskunden-Ausnahme" gehört oder gelesen. Dieser oft genutzte Begriff ist leider etwas verkürzt, da er die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vollständig wiedergibt.

Auf das Einholen der Einwilligung zum Versand von Werbung per E-Mail kann verzichtet werden, wenn:

  1. ein Unternehmen im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von der Kundin oder dem Kunden deren bzw. dessen E-Mail-Adresse erhalten hat,
  2. das Unternehmen die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet,
  3. die Kundin oder der Kunde der Verwendung nicht widersprochen hat,
  4. die Kundin oder der Kunde bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass sie oder er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.

Diese vier Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Insbesondere Nr. 2, dass die versendete Werbung zu der bereits erworbenen Ware ähnlich sein muss, dürfte es häufig unmöglich machen, dass sich ein Unternehmen auf diese Ausnahme berufen kann.

Das OLG Jena entschied zum Begriff der Ähnlichkeit schon im Jahr 2012, dass sich die Ähnlichkeit auf die bereits gekauften Waren beziehen und dem gleichen typischen Verwendungszweck oder Bedarf der Kundin bzw. des Kunden entsprechen muss; ggf. ist es noch zulässig, Zubehör oder Ergänzungswaren zu bewerben.

Wenn die Kundin oder der Kunde beispielsweise ein Hemd gekauft hat, wäre es nicht zulässig, ihr bzw. ihm in Zukunft Werbung für Schuhe zu senden. Hat ein Unternehmen also mehr als eine Produktkategorie im Sortiment, wird es schwer, einen Standard-Newsletter an alle Kundinnen und Kunden zu senden und sich dabei auf die Ausnahme zu berufen.

Was droht bei Verstößen?

Wer Werbung per E-Mail ohne Einwilligung versendet, obwohl eine Einwilligung erforderlich ist, kann hierfür sowohl von der Empfängerin bzw. vom Empfänger der E-Mail als auch von Mitbewerbern, Verbänden und Verbraucherschutzvereinen abgemahnt werden. Die betroffenen Personen können auch Schadensersatzansprüche geltend machen. Ob diese vor Gericht aber durchgesetzt werden, hängt von verschiedenen Faktoren im Einzelfall ab. Hinzu kommt, dass darin gleichzeitig ein Verstoß gegen die DSGVO vorliegt, sodass auch die Datenschutzaufsichtsbehörden tätig werden können. Diese können auch Bußgelder verhängen.

Fazit

Wer E-Mail-Marketing betreibt, sollte sich mit den rechtlichen Grundlagen vertraut machen. Durch die DSGVO haben Empfängerinnen und Empfänger von E-Mail-Werbung weitgehende Rechte eingeräumt bekommen und die Aufsichtsbehörden sind strenger geworden. Bei Verstößen können die Kostenvorteile des E-Mail-Marketings schnell zunichtegemacht werden.

Martin Rätze

Martin Rätze ist Diplom-Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Kanzlei Wienke & Becker - Köln. Er beschäftigt sich seit 2008 mit den rechtlichen Herausforderungen im E-Commerce, ist Autor zahlreicher Beiträge zu dem Thema, informiert auf Vorträgen und unterstützt E-Commerce-Unternehmen bei der Umsetzung der rechtlichen Vorgaben.

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