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Analyse

Ausgabe: 08 / 23 Lesedauer: min

Analyse

Neue Wege für das Newsletter Marketing: WhatsApp und LinkedIn

Der klassische E-Mail-Newsletter erhält Konkurrenz: Was im Endkundenbereich WhatsApp-Maillisten sind, stellen im Business-Umfeld die neu aufgekommenen LinkedIn-Newsletter dar. Wie funktionieren die Formate? Für wen sind sie geeignet? Und was bedeuten sie für das konventionelle E-Mail Marketing?

Es war ein doppelter Paukenschlag, als Rewe Mitte 2022 erst ankündigte, seine gedruckten Angebotsprospekte ab 2023 einzustellen und dann als Ersatz für das Printformat den neu eingerichteten wöchentlichen WhatsApp-Newsletter ins Feld führte. "Rewe verschreibt sich seit Jahren in der Unternehmensstrategie konsequent der Nachhaltigkeit und transformiert in diesem Sinn sukzessive und erfolgreich Prozesse und Angebote. Vor allem auch mittels Digitalisierung - und zwar dort, wo sich für Kunden und Kundinnen Mehrwert ergibt", erklärt Bastian Tassew, Head of CRM & Owned Media, den Wechsel von Print zu WhatsApp. "Mit Meta und WhatsApp haben wir einen weiteren guten Weg gefunden, der unseren Kunden und Kundinnen regionale Angebote und relevante Informationen auf eine leicht zugängliche Art und Weise bietet."

Dabei ist Rewe nicht das einzige Handelsschwergewicht, das auf WhatsApp setzt: Auch Obi und Aldi verbreiten ihre Newsletter bereits seit einiger Zeit über den Messaging-Dienst. Ein ähnliches Phänomen lässt sich zudem im B2B-Bereich beobachten, wo das bis dato ganz auf den E-Mail-Kanal ausgerichtete Newsletter-Marketing durch neue Formate auf LinkedIn und anderen Business-Plattformen Konkurrenz bekommt. Hier zählten Wirtschaftsmedien wie Financial Times und das Wall Street Journal oder Beratungsfirmen wie Boston Consulting Group und EY zu den First Movers. Sowohl im B2B- als auch im Endkundenbereich stellt sich damit die Frage: Welche Rolle spielen die neuen Kanäle für die Newsletter-Kommunikation? Und wird dadurch das E-Mail Marketing in seiner Definition erweitert oder gar infrage gestellt?

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Für WhatsApp-Newsletter braucht es das richtige Gespür

"WhatsApp-Newsletter können für Händler sehr interessant sein, aber es gibt dabei auch vieles zu beachten", fasst Maximilian Modl, Deutschlandchef des im Mai zu Brevo umfirmierten E-Mail Marketing Dienstleister Sendinblue, seine Sicht auf das neue Format zusammen. Zu den klaren Vorteilen zählt er an vorderster Stelle die hohe Aufmerksamkeit, die Newsletter bei den WhatsApp-Nutzern genießen: "Wir haben hier Öffnungsraten bis zu 98 Prozent - das ist wahnsinnig hoch im Vergleich zu E-Mail-Newslettern."

Ein weiterer Pluspunkt ist zudem, dass sich über WhatsApp sehr leicht zusätzliche Medientypen wie Videos, Sprachnachrichten oder PDFs an die Empfänger mitverschicken lassen. "Außerdem werden durch WhatsApp-Newsletter ganz andere Arten der Interaktion möglich, vom Chat mit den Kunden bis zur one-on-one Kaufberatung", sagt der CEO von Brevo Deutschland. WhatsApp sei nun einmal eine Plattform, die von den Nutzern noch immer primär als privater Kanal betrachtet werde, was sich auch an der Art der dort üblichen Kommunikation zeige.

Um WhatsApp als Marketing-Kanal erfolgreich zu bespielen, müssen sich Werbetreibende deshalb auf den Charakter der Plattform einlassen. "Damit WhatsApp Newsletter funktionieren, muss der Kanal zu der betreffenden Brand und zu den Empfängern passen", meint Modl. "Das hängt von dem jeweiligen Business ab, aber auch von der Fähigkeit des Marketers, den nötigen Spaß und Unterhaltungsfaktor zu vermitteln."

Klar ist für den Brevo-CEO zudem, dass die Kundenerwartungen bei WhatsApp höher sind als beim klassischen E-Mail Marketing. Auf der einen Seite müssen die Nachrichten möglichst kurz sein, gleichzeitig sollten sie unterhaltend sein und Mehrwerte bieten, die man so noch nicht gewöhnt ist. Ein Musterbeispiel dafür sei eine Kampagne von Adidas UK, in welcher der Sportartikelhersteller per WhatsApp anbot, Ersatzspieler für lokale Fußballmannschaften zu entsenden, deren Teamkollegen in letzter Minute abgesagt haben. Oder eine Muttertagskampagne von Nivea Schweiz, mit der über WhatsApp verschiedene Formen von Muttertags-Content angeboten wurden. Nutzerinnen hatten damit Möglichkeit, ein emotional ansprechendes Video, ein liebevolles Zitat oder einen Muttertagsspruch für eigene Glückwünsche an ihre Mütter zu senden.

Damit liegt auch gleich eine der größten Herausforderungen nahe: WhatsApp-Newsletter funktionieren nur, wenn man sich entsprechend auf das Format einlässt. "Man muss dabei richtig gut und smart vorgehen, noch viel segmentierter als beim E-Mail Marketing und mit viel mehr Gespür für die Tonalität", sagt Modl. Das Interesse an WhatsApp-Newslettern sei bei den Brevo-Kunden groß, doch nicht jeder, der das Format testet, bleibt auch längerfristig dabei. Das mag zum Teil auch an den Kosten des Formats liegen: Mit 16 Cent pro Message sind Newsletter zwar rund halb so teuer wie Brief-Mailings, aber eben auch deutlich preisintensiver als E-Mail Newsletter, deren Stückpreis im Bruchteilbereich eines Cent liegt.

Mehr B2B-Reichweite durch LinkedIn-Newsletter

Im Business-Bereich fällt die Fallhöhe zwischen klassischen E-Mail Marketing und LinkedIn als bevorzugtem neuen Kanal für Newsletter dagegen etwas geringer aus. Im Kern sind LinkedIn Newsletter nichts anderes als regelmäßig auf LinkedIn veröffentlichte Artikel über ein Fachthema. Kommentiert, teilt oder likt jemand, wird die Interaktion dem gesamten Netzwerk des Absenders angezeigt. "Ein Vorteil ist, dass auf diese Weise auch diejenigen die Inhalte sehen, die den Newsletter nicht abonniert haben", erklärt Stefan Koch, Managing Partner der Kommunikationsagentur Flutlicht, die inzwischen für einige ihrer Kunden Newsletter in dem Business-Netzwerk umsetzt. Wie Koch weiter erklärt, können sich für die Newsletter alle LinkedIn-Mitglieder anmelden, auch wenn sie nicht dem persönlichen Netzwerk des Urhebers angehören. Abonnenten und Abonnentinnen werden automatisch über eine neue Ausgabe informiert. "Zudem landet der Newsletter in deren E-Mail-Postfach, was die Öffnungsraten steigert“, sagt der Agenturchef. Die Umsetzung geht wie beim LinkedIn-Artikel entweder über den persönlichen LinkedIn-Account; hier muss der Creator-Modus aktiviert sein. Oder über eine Unternehmensseite - dafür ist der Admin-Status erforderlich. "Die Mindestvoraussetzung sind 150 Follower - und, wie bei allen Content-Maßnahmen: relevante, mehrwertige Inhalte", erklärt Stefan Koch.

Aus Sicht des PR-Fachmanns eignen sich LinkedIn Newsletter für alle Marketer, die nicht nur regelmäßig hochwertigen fachlichen Content liefern können, sondern auch die nötige Zeit und die Ressourcen für die Erstellung haben. "Sie können über LinkedIn-Newsletter sehr gut Fokusthemen kommunizieren, die Reichweite steigern und die Auffindbarkeit im Netz verbessern. Wer das nicht gewährleisten kann, sollte lieber die Finger davon lassen und sich auf klassische LinkedIn-Beiträge fokussieren, die deutlich weniger aufwändig sind", empfiehlt Koch. Zu den wichtigsten Vorteilen von Newslettern auf LinkedIn gehört es aus seiner Sicht, dass Marketer dafür kein eigenes Newsletter-Tool brauchen, sondern sich der LinkedIn-Plattform bedienen können. "Das gilt auch für die Adressaten und Adressatinnen: Die Absender und Absenderinnen profitieren von der riesigen LinkedIn-Nutzerbasis und müssen nicht erst über eine eigene Mailingliste verfügen", erklärt der Managing Partner von Flutlicht. "Mit guten Inhalten, die Engagement erzeugen, wird der Newsletter automatisch mehr Nutzer und Nutzerinnen angezeigt. So ist es schneller möglich, einen Leserkreis aufzubauen. Außerdem wird der LinkedIn-Newsletter von Google indexiert und kann in den Suchergebnissen erscheinen. Ein klassischer Newsletter ist nicht öffentlich zugänglich", fasst Stefan Koch zusammen.

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Eher Ergänzung als Ersatz

Sind LinkedIn Newsletter also eine Alternative zum klassischen E-Mail-Marketing oder doch nur eine Ergänzung? Flutlicht-Geschäftsführer Koch tendiert zu Letzterem: "Wer bereits erfolgreich E-Mail-Marketing etabliert hat, sollte dieses nicht ersetzen", empfiehlt der Kommunikationsexperte. "Der LinkedIn Newsletter dient eher als Ergänzung, um neue Leser und Leserinnen anzusprechen. Er kann zum einen essenzielles Element der eigenen LinkedIn-Strategie sein, zum anderen auch wertvoller Bestandteil innerhalb der unternehmerischen Inbound-Marketingstrategie, da er zur Lead-Gewinnung eingesetzt werden kann."

Mit Blick auf die Endkundenkommunikation von Handelsunternehmen hat sich Brevo-Deutschlandchef Maximilian Modl ebenfalls mit dieser Frage beschäftigt. "In manchen Fällen kann WhatsApp eine Alternative darstellen, doch meistens ist es eher ein Add-on zu den bestehenden Marketing-Kanälen. Gerade E-Mail ist ein Kanal, den Unternehmen in der Regel sehr gut beherrschen und den Abschied davon sollte man sehr gut bedenken." Dass mit Plattformen wie WhatsApp oder LinkedIn neue Kanäle für die Verbreitung von Werbeinhalten und Newslettern entstanden sind, hält Modl allerdings auf keinen Fall für eine bloße Modeerscheinung. "Der Trend geht weg von der reinen Fokussierung auf E-Mail und hin zu einer Vielzahl von Kanälen, zu denen neben WhatsApp beispielsweise auch SMS, Push-Notifications, Chat oder Kalender-Tools gehören." Das sei auch für sein Unternehmen, das als Sendinblue vor allem für E-Mail Marketing stand, einer der Gründe für die Neufirmierung und Neuausrichtung unter der Marke Brevo gewesen: "E-Mail ist heute nur noch ein Kanal neben vielen anderen und deshalb haben wir uns als All-in-One Marketing- und Sales-Plattform neu aufgestellt."

Matthias Hell

Matthias Hell ist Experte für E-Commerce-Themen. Der promovierte Politikwissenschaftler beleuchtet für uns seit mehr als zehn Jahren als freier Autor Handels- und Online-Themen, zunächst für Internet World, jetzt für W&V. Zudem ist Matthias für den täglichen W&V Newsletter Commerce Shots zuständig. Neben einigen Fachbüchern hat er zwei Bildbände zur modernen Architektur seiner Heimatstadt München veröffentlicht und widmet sich in seiner Freizeit seiner Leidenschaft für Musik und Literatur. 
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