KOMMENTAR

Ausgabe: Januar 2023

Werbeverbote sind eine Diktatur des definierten Guten

Das aktuell diskutierte Werbeverbot für "ungesunde" Lebensmittel an Kinder und Jugendliche zeigt ein fehlerhaftes Verständnis von Politik: Der Staat schreibt seinen Mitgliedern ein erwünschtes Verhalten vor.

Zu viel Zucker, Fett und Salz sind schädlich. Das ist eine Tatsache. Deshalb will Bundesernährungsminister Cem Özdemir Werbung für ungesunde Lebensmittel in Kindersendungen verbieten. Das steht bereits im Koalitionsvertrag. Die Bundesregierung arbeitet zurzeit an einer Gesetzesvorlage.

Ein Werbeverbot ist inkonsequent. Wenn Ernährung schädlich ist, dann müsste man über Verkaufsverbote diskutieren. Aber wenn Verkauf und Verzehr erlaubt sind, dann sollte auch die Werbung dafür erlaubt sein. Sonst haften Unternehmen für eine Politik, die sich vor den eigentlichen Entscheidungen wegduckt – oder einer sachgerechteren Betrachtungsweise.

Das Thema ist emotional stark aufgeladen. Rückendeckung erhält Özdemir von zahlreichen Prominenten wie Jamie Oliver und Sarah Wiener, von Institutionen wie Krankenkassen, Foodwatch und dem Deutschen Kinderhilfswerk sowie auch von Wissenschaftlern.

„Geld damit verdienen, indem man die Gesundheit der Kinder ruiniert, das halte ich für keinen guten Weg“, sagte Cem Özdemir vor wenigen Tagen in einem Interview mit dem "Tagesspiegel".

W&V-Chefredakteur Rolf Schröter hält Werbeverbote für ein schlechtes Zeichen einer Diktatur des definierten Guten (Bild: Thomas Wieland).