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Überblick

Ausgabe: 09/23 Lesedauer: min

Die wichtigsten Rechtsthemen für Marktplatzhändler

Registrierung nach dem ElektroG, Anmeldung beim Verpackungsregister LUCID oder Nutzung der One-Stop-Shop-Regelung - auch aktuell gibt es eine Vielzahl von Rechtsthemen für Marktplatzhändler. Wir sagen, was sich hinter dem Fachchinesisch verbirgt und welcher Handlungsbedarf sich daraus für das Geschäft ergibt.

Wer als Händler oder Hersteller über E-Commerce-Plattformen verkauft, hat bei vielen Rechtsthemen den Vorteil, dass diese bereits durch den Plattformbetreiber geregelt sind. Doch gibt es auch immer wieder gesetzliche Regelungen, die Marktplatzhändler mit in die Verantwortung nehmen oder diese sogar ganz dezidiert betreffen.

Wir haben deshalb zusammengestellt,

  • welche Rechtsbelange aktuell für Händler und Brands auf E-Commerce-Plattformen besonders relevant sind,
  • wie die betreffenden Themen einzuschätzen sind
  • und welcher Handlungsbedarf daraus jeweils entsteht.

Durch die stürmische See des E-Commerce-Rechts für Online-Plattformen navigierte uns der Kölner Rechtsanwalt Christian Solmecke, der mit seiner Kanzlei WBS.LEGAL zahlreiche Online-Händler in Rechtsfragen berät. Hier sind mehr Details zu den aktuell wichtigsten Rechtsthemen:

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Das Elektro- und Elektronikgerätegesetz und Extended Producer Responsibility (EPR)

Um was es geht: Zweck des Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG) ist insbesondere die Vermeidung von Abfällen von Geräten und das Recycling, um die zu Abfallmenge zu reduzieren. Aus diesem Grund müssen sich Hersteller, bevor sie Elektro- oder Elektronikgeräte in Verkehr bringen, verpflichten, sich bei der zuständigen Behörde mit der Geräteart und der Marke registrieren zu lassen. Als EPR-registrierungspflichtiger Hersteller gilt man,

  • wenn man ein Produkt herstellt, das unter die EPR-Bestimmungen im jeweiligen Land fällt,
  • ein Produkt importiert, das unter die EPR-Bestimmungen im jeweiligen Land fällt
  • oder ein Produkt verkauft, das unter die EPR-Bestimmungen im jeweiligen Land fällt und man nicht in diesem Land ansässig ist.

Was zu tun ist: Ab dem 1. Juli 2023 müssen Betreiber von Online-Marktplätzen und Fulfillment-Dienstleister sich die Registrierung der Gerätehersteller nach dem ElektroG nachweisen lassen. Online-Händler, die nach dem ElektroG nicht als Hersteller gelten, sondern als Vertreiber, müssen entsprechend die Registrierungsnummer des Geräteherstellers angeben. Damit wird sichergestellt, dass die Händler, die über ihren Marktplatz verkaufen, ihre Pflichten aus dem ElektroG erfüllen.

Wie es einzuschätzen ist: Rechtsanwalt Christian Solmecke warnt: "Händler können dann selbst zum registrierungspflichtigen Hersteller werden, wenn sie zum Beispiel unregistrierte Elektrogeräte zum Kauf anbieten oder aus dem Ausland nach Deutschland einführen." Können Händler die Registrierung nicht nachweisen, drohen Sanktionen wie Account-Sperrungen, Bußgelder und Abmahnungen. "Da eine Registrierung in der Regel vier bis sechs Wochen benötigt, sollten Online-Händler hier schnell handeln", empfiehlt der Rechtsexperte.

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VerpackungsG

Um was es geht: Das Online-Handel-Verpackungsgesetz (VerpackungsG) bestimmt seit Anfang 2019 den Umgang mit Verpackungen. Die wesentlichen Punkte sind die Registrierungspflicht, die Systembeteiligungspflicht und die Meldepflicht beim deutschen Verpackungsregister LUCID.

Was zu tun ist: Seit dem 1. Juli 2022 müssen auch Online-Händler die Vorgaben des Verpackungsgesetzes einhalten. Händler sind nun verpflichtet, zu melden, welche Verpackungen genutzt werden. Wird ein eigener Online-Shop betrieben, müssen Online-Händler der Herstellerverantwortung für Versandverpackungen nachkommen. Nicht verantwortlich sind Online-Händler, wenn die Produkte nur über einen Marktplatz vertrieben und nicht selbst verpackt werden.

Wie es einzuschätzen ist: "Vorteilhaft ist die neue Regelung und insbesondere die Registrierungspflicht insofern, als dass sich die Kosten für die Entsorgung jetzt auf alle Hersteller und Händler verteilen", meint Christian Solmecke. "Marktplatzbetreiber müssen die Einhaltung der Vorgaben durch die Händler nun überprüfen. Die Vorgaben des Verpackungsgesetzes sollten von Online-Händlern unbedingt eingehalten werden, da ihnen ansonsten vonseiten der Marktplätze eine Sperrung der Verkaufsfunktion droht", so der Rechtsanwalt weiter.

Christian Solmecke, Rechtsanwalt in der Kanzlei WBS.LEGAL

One-Stop-Shop (OSS)

Um was es geht: Seit dem 1. Juli 2021 gilt eine EU-weit einheitliche Lieferschwelle von 10.000 Euro. Wird diese überschritten, löst dies umsatzsteuerliche Pflichten im Staat des Kunden aus.

Was zu tun ist: Der One-Stop-Shop ermöglicht es Online-Händlern, ab dem 1. Juli 2021 ausgeführte und unter die Sonderregelung fallende Umsätze in einer Steuererklärung zentral an das Bundeszentralamt für Steuern zu übermitteln. Damit sind umsatzsteuerliche Registrierungen in anderen EU-Staaten entbehrlich.

Wie es einzuschätzen ist: "Das Verfahren One-Stop-Shop ist die Weiterentwicklung des Verfahrens Mini-One-Stop-Shop und stellt eine Sonderregelung auf dem Gebiet der Umsatzsteuer dar", weiß Rechtsanwalt Christian Solmecke. "Betroffen sind neben Online-Verkäufern, Marktplätzen und Plattformen innerhalb und außerhalb der EU über Postbetreiber, Kuriere, Zoll- und Steuerverwaltungen ebenfalls Verbraucher."

Plattformen-Steuertransparenzgesetz

Um was es geht: Mit dem am 1. Januar 2023 in Kraft getretenen Plattformen-Steuertransparenzgesetz werden Betreiber digitaler Plattformen verpflichtet, dem Bundeszentralamt für Steuern Informationen über Einkünfte zu melden, die Anbieter auf ihren Plattformen erzielt haben. Ausgenommen sind alle Plattformen, auf denen nicht direkt ein Rechtsgeschäft abgeschlossen wird, wie Jobbörsen und Vermittlungsportale. Ziel ist es, Anbieter, die auf diesen Plattformen Geld verdienen, "gleichmäßig und gesetzmäßig" besteuern zu können.

Was zu tun ist: Nicht gemeldet werden müssen Anbieter, die im Meldezeitraum unter Inanspruchnahme derselben Plattform in weniger als 30 Fällen Waren verkauft haben und dadurch insgesamt weniger als 2.000 Euro als Vergütung gezahlt oder gutgeschrieben bekommen haben. Online-Marktplatzhändler sollten beachten, dass gebrauchte Alltagsgegenstände weiterhin steuerfrei verkauft werden dürfen, da in diesen Fällen nicht angenommen wird, dass ein Gewinn erzielt wird. In anderen Fällen gilt zunächst eine gesetzliche Spekulationsfrist von einem Jahr. Liegt der Veräußerungsgewinn unter 600 Euro im Jahr, bleiben private Geschäfte steuerfrei.

Wie es einzuschätzen ist: "Für den Fall, dass die Finanzbehörde nachhakt, lohnt es sich, ein Verkaufstagebuch zu führen, in dem der Artikel- und Markenname, der Neupreis und der Verkaufserlös aufgeführt sind", erklärt Rechtsanwalt Christian Solmecke. "So besteht im Zweifelsfall ein Nachweisdokument über die potenziell erwirtschafteten Gewinne, welches der Finanzbehörde vorgelegt werden kann."

Digital Markets Act

Um was es geht: Der Digital Markets Act (DMA) gilt seit dem 2. Mai 2023. Der DMA soll einer weiteren Monopolbildung der etablierten Internetriesen wie Google, Facebook und Co. entgegenwirken und die Wettbewerbschancen auch "kleinerer" Online-Händler, Shops und Plattformen erhöhen. Dafür erlegt der DMA den großen Unternehmen als sogenannte "Gatekeeper“ wettbewerbsrechtliche Verhaltenspflichten auf. Für den Online-Handel zentrale Aspekte sind zum einen die Einschränkung, Nutzer für besseres Werbetracking zu „verfolgen“, zum anderen das Verbot für Digitalriesen, eigene Produkte und Angebote bevorzugt zu positionieren. Sollten die von DMA erfassten Plattformen gegen die Vorschriften verstoßen, drohen heftige Sanktionen: Der DMA sieht Strafen von zunächst von bis zu 10 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes vor. Bei wiederholten Verstößen können es sogar bis zu 20 Prozent sein.

Was zu tun ist: Kein Handlungsbedarf für Plattformhändler

Wie es einzuschätzen ist: "Aus der Sicht kleinerer Online-Händler sind die DMA-Regelungen positiv zu bewerten", sagt Rechtsanwalt Christian Solmecke. Allerdings müsse man bedenken, dass das Gesetz sich noch am Beginn seiner Anwendung und Ausführung befinde. "Es ist damit zu rechnen, dass schon bald die ersten Klagen vor den Zivilgerichten anhängig gemacht werden. Dabei ist die private Rechtsdurchsetzung der im DMA geregelten Verhaltenspflichten noch nicht abschließend geklärt, die konkrete Ausgestaltung der privaten Rechtsdurchsetzung unterliegt den nationalen Gerichten. Inwiefern diese die private Rechtsdurchsetzung des DMA sodann zulassen werden, ist aber noch nicht ganz absehbar und bleibt abzuwarten", so der Rechtsexperte.

Matthias Hell

Matthias Hell ist Experte für E-Commerce-Themen. Der promovierte Politikwissenschaftler beleuchtet für uns seit mehr als zehn Jahren als freier Autor Handels- und Online-Themen, zunächst für Internet World, jetzt für W&V. Zudem ist Matthias für den täglichen W&V Newsletter Commerce Shots zuständig. Neben einigen Fachbüchern hat er zwei Bildbände zur modernen Architektur seiner Heimatstadt München veröffentlicht und widmet sich in seiner Freizeit seiner Leidenschaft für Musik und Literatur. 
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