Analyse

Ausgabe: 10/23 Lesedauer: min

Was das Payment wirklich kostet

Verschiedene Bezahlverfahren verursachen unterschiedlich hohe Kosten. Wer jedoch nur die direkt sichtbaren Gebühren miteinander vergleicht, sitzt womöglich einer Milchmädchenrechnung auf. Erst die Berücksichtigung einer Reihe indirekter Faktoren ermöglicht einen verlässlichen Blick auf die Gesamtkosten.

Auf den ersten Blick ist es recht einfach: Die Standard-Gebühr für eine PayPal-Transaktion beträgt derzeit 2,49 Prozent der Transaktionssumme plus eine 0,35 Euro Festgebühr. Doch schon die Gebühren, die für Kreditkartenzahlungen anfallen, schwanken in der Regel zwischen einem und drei Euro pro Transaktion.

Dazu kommen unterschiedlich hohe Kosten, wenn nach einer Retoure die Kaufsumme ganz oder teilweise rückerstattet werden muss, sowie verschieden große Risiken von Zahlungsausfällen durch Betrug. Das zeigt: Die wahren Kosten für einzelne Payment-Verfahren zu vergleichen ist nicht so banal, wie es manchmal scheint.

Um eine saubere Gegenüberstellung zu erreichen, sollten folgende Faktoren berücksichtigt werden:

1. Einrichtungs- und Integrationskosten

Diese Kosten fallen - oft nur einmalig - an, wenn ein neues Bezahlverfahren oder ein neuer Payment Service Provider, kurz PSP, angebunden wird. Sie setzen sich aus Einmalgebühren der Anbieter und Dienstleister zusammen sowie aus den Kosten für die technische Integration, etwa weil Schnittstellen oder Buchhaltungsprozesse angepasst werden müssen.

Schon hier lohnt eine ehrliche Abwägung: Wie viel Zeit benötigt die eigene IT tatsächlich für die Integration und was bleibt in der Zwischenzeit vielleicht liegen, sodass Umsatz verloren geht? Liefert die Schnittstelle des PSPs den versprochenen Leistungsumfang und wie gut ist der Support?

Diese Kosten lassen sich nur schwer kalkulieren. Klingt banal, wird aber oft vernachlässigt: Eine möglichst konkrete und detaillierte Aufstellung der nötigen Schritte kann helfen, ein realistischeres Bild zu bekommen.

2. Direkte Kosten

Diese Kosten sind am einfachsten aufzuschlüsseln. Sie setzen sich zusammen aus den fixen und variablen Transaktionsgebühren für die einzelnen Zahlarten sowie einer eventuell anfallenden monatlichen Grundgebühr oder Zusatzgebühren für ergänzende Leistungen. Die Kosten für die Dienste eines Payment Service Providers oder eines Dienstleisters für einen abgesicherten Rechnungs- oder Ratenkauf zählen ebenfalls zu den direkten Kosten. Sie dienen als Basis, werden jedoch erst in Kombination mit der Auswertung indirekter Kosten aussagekräftig.

3. Kosten für das Risikomanagement

Die Adress- und Bonitätsprüfung, ein Abgleich mit der Bestellhistorie und mit gängigen Betrugsmustern - alles, was das Betrugsrisiko des Händlers minimiert, kostet. Wer das Risikomanagement an einen Dienstleister auslagert, weiß in der Regel recht genau, was dieser dafür bekommt. Wer das Risikomanagement intern abwickelt, muss Kosten für nötigen technischen Lösungen und den (wahren!) personellen Aufwand berechnen. Das heißt auch, sich nichts vorzumachen, was den internen Automatisierungsgrad angeht.

Zudem lohnt sich ein Blick auf die Qualität: Wie viel Umsatz geht trotz der Maßnahmen durch Betrug verloren? Wie hoch sind die Einbußen, weil gute Kunden verprellt werden? Und: Wie hoch ist der Betrugsanteil bei den einzelnen Bezahlverfahren? Sichert beispielsweise ein externer Dienstleister den Rechnungskauf ab, so ist dieser gemessen an den direkten Kosten zwar teurer als beispielsweise eine Kreditkartenzahlung, für die jedoch ein gesondertes Risikomanagement nötig ist, sodass sie unter dem Strich eventuell teurer ist.

Das kann auch für den Rechnungskauf in Eigenregie gelten: Der kann auf den ersten Blick zwar deutlich günstiger erscheinen als ein extern abgesicherter Rechnungskauf, kann bei genauerer Betrachtung jedoch verlieren, weil die tatsächlichen Personalkosten und auch die Zahlungsausfälle höher ausfallen als erwartet.

4. Kosten durch Zahlungsstörungen

Kunden, die zu spät oder gar nicht bezahlen, verursachen ebenfalls Kosten: Zum einen durch die Nichtverfügbarkeit des fehlenden Kaufbetrags, zum anderen durch Mahn- und Inkassokosten. Stehen häufig größere Beträge von säumigen Kunden aus, geht dies zulasten der Liquidität des Händlers, die unter Umständen für teure Zinsen wieder hergestellt werden muss. Zudem muss der Händler sich entscheiden: Lässt er Schuldner ungeschoren davonkommen, weil die Inkassokosten höher sind als die eingetriebenen Beträge oder wird jede säumige Zahlung eingefordert? Auch hierbei gilt, dass ein die ausgelagerte Dienstleistung in der Regel gut bezifferbar ist.

Kümmert sich der Händler selbst um das Mahnwesen und Inkasso, muss er auch hier wirklich alle Kosten berücksichtigen: Wie viele manuelle Prozesse sind nötig und wie zeitaufwändig sind sie? Was kosten die eingesetzten Lösungen? Wie hoch sind die prozessualen Kosten für Buchhaltung, Telefonate, Briefe usw.? Interessant ist auch hier eine Analyse der einzelnen Zahlarten, um herauszufinden, welches Bezahlverfahren besonders häufig Zahlungsstörungen oder -ausfälle nach sich zieht. Gutes Inkasso ist kostenneutral, da es die entstehenden Kosten durch die eingetriebenen Schulden gedeckt werden. Im Idealfall natürlich kommt mehr in die Kasse als das Inkasso kostet.

5. Kosten durch Retouren

Zu guter Letzt lohnt sich ein Blick auf die Payment-Kosten, die durch Retouren entstehen. Schickt der Kunde die Ware zurück, muss häufig der Kaufpreis ganz oder teilweise rückerstattet werden. Dies verursacht zum einen Kosten, die der Zahlungsdienstleister in Rechnung stellt, zum anderen - je nach Automatisierungsgrad - zum Teil erheblichen Aufwand und damit Kosten in der Buchhaltung. Gerade im Zusammenhang mit Retouren ist ein kritischer Blick vonnöten: Als erstes heißt es, die Retourenquote ehrlich zu erheben. Glaubt man Commerce-Experten, geht bei vielen Händlern im Trubel des täglichen Business das exakte Erfassen der Retourenquote oft genug unter, rudimentäre Schätzwerte sind die Folge. In einem zweiten Schritt können die Retourenquoten nach den verwendeten Zahlarten aufgeschlüsselt werden. Dabei kann sich zeigen, dass eine vermeintlich günstige Zahlart durch eine deutlich höhere Retourenquote erheblich mehr kostet als eine Zahlart, die auf den ersten Blick teurer erscheint, aber kaum Retouren nach sich zieht.

Fazit

Eine Analyse, die unterschiedliche Parameter miteinander verknüpft, kann darüber hinaus weitere spannende Erkenntnisse liefern, etwa eine Betrachtung der Warenkorbgröße je Bezahlverfahren. Vielleicht ist eine American-Express-Karte in den Transaktionen teurer als andere Kreditkarten, dafür sind aber vielleicht die Warenkörbe im Durchschnitt mehr als doppelt so groß, sodass sich das teurere Zahlungsmittel dennoch rechnet.

Außerdem spielen das Sortiment, die Zielgruppe und die Kundschaft eine große Rolle. Wer eine treue Stammkundschaft hat, hat sicherlich mit weniger Zahlungsausfällen zu kämpfen als Händler mit hohem Neukundenanteil. Wer leicht wieder-kaufbare Ware wie Elektronik anbietet, zieht mehr Betrug an als ein Versender von Babyausstattung. Dementsprechend unterschiedlich sind die Kosten etwa für das Risikomanagement sowie das Inkasso.

Christiane Fröhlich

Als freie Autorin beobachtet Christiane Fröhlich, welche Trends, Hypes und Flops die Commerce-Branche alljährlich produziert. Außerdem entstehen an ihrem Schreibtisch Artikel zu den technischen Aspekten von Web-Präsenzen: Shopsoftware und IT-Architektur, alle nötigen Lösungen rund um den Webshop, Usability oder Logistik sind die Themen. Dem E-Commerce und der Internetwirtschaft ist die Diplom-Journalistin seit 1997 verfallen; seither schreibt sie darüber, wie sich im Internet (mehr) Geld verdienen lässt.
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